"Solidarische Klinik in Elliniko – Wie lange noch?“

„Veröffentlicht am 14. Februar 2020“
„Die solidarische Klinik von Elleniko (MKIE) auf dem Gelände des alten Flughafens von Athen ist eine der bekanntesten. Die Klinik hat nun in einer Presseerklärung einen erneuten Versuch bekannt gemacht, sie aus ihren angestammten Räumen zu vertreiben, wo sie seit 2011 erfolgreich arbeitet und tausende von Patienten betreut hat… Bereits 2018 war ein solcher Versuch daran gescheitert, dass sich zahlreiche Unterstützer öffentlich gegen eine Schließung / Verlegung ausgesprochen hatten….“

Mehr unter https://griechenlandsoli.com/

 

Meldung aus Kalamata im September 19:

Griechenland : Arbeitslose und andere Nichtversicherte wieder ohne Recht auf medizinische Behandlung?

"Der Erlass des griechischen Gesundheitsministeriums vom 13.8.2019 verbietet die kostenlose Behandlung von Nichtversicherten jedweder Nationalität oder Staatsangehörigkeit und weist alle staatlichen Gesundheitseinrichtungen an, Leistungen den Patienten in Rechnung zu stellen. Hauptbetroffene sind Arbeitslose und Flüchtlinge/Migranten.

Zur Erinnerung: Griechische Arbeitslose erhielten und erhalten keinen Krankenversicherungsschutz, statt dessen gab es bis zur Schuldenkrise 2011 die kostenlose Behandlung in den staatlichen Krankenhäusern. Dies wurde ca. 2012 auf Druck der Troika abgeschafft, was zur Grün-dung der Sozialpraxen führte. Nach einem Jahr des Regierens führte SYRIZA dies 2016 wieder ein und weitete die kostenlose Behandlung auf alle aus, die eine Sozialversicherungsnummer („AMKA“) vorweisen konnten. Diese Regelung kritisierten wir, weil Arbeitgeber*innen Migrant*innen, die ohne Papiere bei ihnen arbeiteten, daran hinderten, eine „AMKA“ zu beantragen, um Beiträge zu sparen, und so viele Menschen ohne Gesundheitsversorgung blieben. Auch wurden nichtarbeitende Ehefrauen oft „vergessen". Trotz ihrer Unvollkommenheit war diese Regelung der Regierung Mitsotakis jetzt zu „großzügig" und sie versucht sie mit obigem Erlass abzuschaffen.

Ob dazu ein einfacher Erlass ohne Gesetzesänderung genügt, ist noch nicht klar, auch die Umsetzung scheint derzeit noch nicht möglich. In den Brennpunkten Athens regt sich bereits Widerstand."

(Meldung aus Kalamata vom 6.9.19)

 

Griechenland nach Ende des EU-Memorandums - welche Chancen?

Am 21. August endete das dritte EU-Memorandum für Griechenland und damit das seit 2010 geltende EU-Reform und -Sparprogramm. Die Einigung mit der Eurogruppe über die Zeit nach dem Memorandum sei gleichbedeutend mit einer „endgültigen Lösung der Griechenland-Krise,“ erkärte Ministerpräsident Tsipras (Anm. 1). Ähnliche Äußerungen gab es von der EU-Kommission in Brüssel (2). Tsipras versprach, ab 2019 die Steuern zu senken und den Sozialstaat zu stärken.


Was brachte Einigung mit den übrigen Euro-Ländern für Griechenland?
 Positiv:
- Es gibt keine neuen Spar- und Reformvorgaben. Die direkte, detaillierte Kontrolle der griechischen Haushaltspolitik durch die Troika wird beendet.
-  Mit Hilfe eines 15 Milliarden-Darlehens und sechs Milliarden nicht in Anspruch genommenen EU-Krediten wird eine Reserve geschaffen, die für alle Zahlungen bis 2020 ausreichen würde.
- Griechenland bekommt von den EU-Ländern bis 2022 in acht Raten 4,8 Milliarden Euro Zinsen zurück, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen (Anm. 4).
- Griechenland kann nach eigenen Vorstellungen Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, allerdings für erhöhte Zinsen.
-   Bis 2033 müssen für Kredite in Höhe von 100 Milliarden Euro weder Zinsen noch Tilgungsraten gezahlt werden, für Altschulden insgesamt wird der Tilgungszeitraum um zehn Jahre verlängert - eine echte Lockerung, aber...
Negativ:
… es gibt keinen Schuldenschnitt. Seit 2010 sind die Staatsschulden von 301 auf 326 Milliarden Euro angewachsen, auf 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Land soll alle zurückzahlen.
- Damit das rechnerisch möglich ist, erhält Athen die Auflage, bis 2022 jährlich einen Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent und danach bis 2060 ein durchschnittliches Plus von 2,2 Prozent zu erwirtschaften. Das ist nur Ölförderländern gelungen.
- Die griechische Regierung hatte als Vorgriff auf die Zinsrückzahlung den griechischen Inseln einen Aufschub bei der Mehrwertsteuererhöhung gewährt, in Absprache mit der Brüsseler Kommission und dem französischen EU-Finanzkommissar. Aber nicht mit Berlin (3). Finanzminister Scholz veranlasste daraufhin die Sperrung der 15 Mrd. Euro, bis sich Athen verpflichtete, die Steuersumme an anderer Stelle wieder einzusparen (4).
-  Die Botschaft: Die Spielregeln bestimmen wir hier in Berlin. Wir werden auch in Zukunft keine Abweichung vom vereinbarten Programm oder eigenmächtige soziale „Wohltaten“ tolerieren.
- Das Druckmittel: Die acht Halbjahresraten der 4,8 Milliarden Euro griechischer Zinsen fließen nur dann nach Athen zurück,
- wenn alle Auflagen sowie die zugesagten Reformen realisiert werden und
- wenn die Begutachtung positiv ausfällt, ob die Bedingungen für die Auszahlung erfüllt sind.
Es wird vier Inspektionen der EU-Institutionen im Jahr geben. Griechenland unterliegt also weiterhin  einer „verschärften Aufsicht“.
- Die Investoren am Kapitalmarkt werden negative Aussagen der Gutachten mit entsprechenden Zinserhöhungen für Kredite begleiten- ein weiteres Druckmittel.

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Gegen die Zwangsräumung der Sozialklinik Helliniko in Athen!

Für ein Ende der lebensbedrohlichen Sparmaßnahmen gegenüber Griechenland!

Die andauernde griechische Staatsschuldenkrise und die europäische Krisenpolitik haben zu dramatischen Einschnitten in der Gesundheitsversorgung des Landes geführt. Die Folgen sind für weite Teile der Bevölkerung bedrohlich und sogar lebensgefährlich. Seit Beginn der Krise haben Herz- und Krebserkrankungen, psychische Erkrankungen und die Kindersterblichkeit stark zugenommen, die durchschnittliche Lebenserwartung ist gesunken. Die Medizintechnik in den staatlichen Krankenhäusern ist veraltet, häufig fehlt es sogar an einfachsten Instrumenten wie Ultraschallgeräten. Dazu kommt, dass in den letzten Jahren insgesamt 20.000 Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegerinnen und Pfleger das Land verlassen haben. Nur durch die zahlreichen ehrenamtlich betriebenen Arztpraxen, Polikliniken und solidarischen Apotheken im ganzen Land wurde ein Mindeststandard in der Gesundheitsversorgung auch für die Millionen vom Gesundheitswesen Ausgeschlossenen gewährleistet. Daran hat sich mit einer Gesetzesnovelle im Jahr 2016 einiges geändert, aber auch wenn es der jetzigen Regierung gelungen ist, den Zugang zum öffentlichen Gesundheitswesen für die Bevölkerung wieder zu gewährleisten, gibt es immer noch massive Probleme. Bis in die Mittelschichten hinein können sich viele Menschen die Zuzahlung bei Medikamenten nicht mehr leisten und sind immer noch auf Sozialkliniken angewiesen, in denen sie kostenlos die für sie teils lebensnotwendige Medikation erhalten.

Hier ist der Inhalt des gesamten offenen Briefes.

Header Sozialklinik

 

 

Verein der Freunde des Unterstützernetzes der Arztpraxen der Solidarität Messeniens
 

 

Auszüge1 aus den von der Sozialklinik an die Journalisten ausgegebenen Materialien für die Pressekonferenz der Sozialklinik am 3. April 2017 in Kalamata.

 

Erinnern Sie sich, wie der derzeitige Gesundheitsminister die Gesamtversorgungslage im Gesundheitssystem kommentiert hat?

Die Lage im Gesundheitssystem erinnert an ein bombardiertes Gelände.“ Und damit hatte er recht.

 

Die Lage der Sozialklinik seit September 2016.

 

Sozialkliniken gegen medizinischen Notstand

„Die Masern-Epidemie breche in Griechenland alle Dämme, hieß es im Februar 2018. Hier setzt die Arbeit der Sozialklinik Kalamata an. Deren Ärzte arbeiten ohne Bezahlung, um kostenlos mit Hilfe von Spenden die medizinische Versorgung von Menschen zu gewährleisten, die anderswo keine Hilfe finden oder diese nicht bezahlen können. Und für Kinder, deren Eltern sich eine Impfung nicht leisten können, führt die Sozialklinik Impfungen durch. Bis zu 60 niedergelassene Ärzte behandeln Patienten, die von der Sozialklinik überwiesen wurden, ebenfalls kostenlos.

Sparkurs verschärfte Krise und Armut

Besteht für solche Hilfe weiterhin Bedarf? Das Wirtschaftswachstum von 1,4 % im Jahr 2017 änderte nichts daran, dass seit 2010 die Wirtschaftsleistung um ein Viertel eingebrochen ist und sich die Zahl der Firmen mit mehr als 10 Beschäftigten um fast ein Drittel verringert hat. Immer noch herrscht eine Arbeitslosigkeit von über 20 %. Fast jeder dritte Beschäftigte in der privaten Wirtschaft arbeitet in Teilzeit, für im Schnitt 394 € im Monat. Bis 2009 war Teilzeitarbeit fast unbekannt. Auf Geheiß von EU, Europäischer Zentralbank und IWF wurden seit 2010 Gehälter, Löhne, Renten und Pensionen um bis zu 55 % gekürzt, neue Steuern und Abgaben eingeführt. Es gibt keine Sozialhilfe, nur ein Zehntel der Arbeitslosen erhält noch staatliche Hilfen.

Kürzungen im Gesundheitswesen

Die öffentliche Finanzierung von Gesundheitsleistungen musste Athen zwischen 2010 und 2014 praktisch halbieren.

Griechenland: Sparzwang führt in die Not

Gerade erhöhte die Regierung auf Geheiß der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank wieder Steuern und senkte Renten. Das Bruttoinlandsprodukt liegt etwa ein Viertel unter dem von 2008. 30 Prozent der Lohnbezieher*innen erhalten weniger als 5.000 € jährlich, etwa eine halbe Million verdienen pro Monat 340 Euro oder weniger, mehr als eine Million erhalten ihren Lohn mit zwei- bis sechsmonatiger Verzögerung.

Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 20 Prozent, unter den Menschen bis 25 Jahren ist fast jede/r Zweite arbeitslos. Gerade mal zehn Prozent der Arbeitslosen erhalten eine Unterstützung von 350 bis 450 Euro – für maximal ein Jahr. Sozialhilfe gibt es nicht.

   
© Verein zur Förderung der Sozialklinik Kalamata/Griechenland e.V.

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