Bürgerpreis der Europäischen Union für den Verein zur Förderung der Sozialklinik Kalamata e. V.

MEP Wölken überreicht Joachim Sohns den Bürgerpreis
Verleihung der Medaille des Europäischen Bürgerpreises 2018 an den Verein zur Förderung der Sozialklinik Kalamata e. V. durch den Europaabgeordneten Tiemo Wölken (SPD), der den Verein nominiert hatte und auch die Laudatio sprach.   ©Christian Thiel

Am 24.9.2018 wurde dem Förderverein im Haus der Europäischen Union in Berlin der Europäische Bürgerpreis 2018 verliehen. In der Verleihung erhielten insgesamt vier Preisträger aus Deutschland die Medaille des Europäischen Bürgerpreises, anwesend waren u. a. die drei EU-Abgeordneten Bütikofer, Rodust, Wölken und der EU-Vizepräsident Wieland, siehe

http://www.europarl.europa.eu/germany/de/presse

https://www.presseportal.de

In der Ankündigung des EU-Verbindungsbüros Berlin heißt es: 

  • "Förderverein der Sozialklinik Kalamata

Im Verein zur Förderung der Sozialklinik Kalamata e.V. unterstützen Oldenburger Bürgerinnen und Bürger eine Sozialklink in Kalamata, Griechenland. Seit 2012 versorgt das medizinische Personal dieser Sozialklinik ehrenamtlich und mit der Hilfe von Spenden Patientinnen und Patienten ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Durch Sach- und Geldspenden sowie Besuche vor Ort unterstützt der Oldenburger Förderverein die Sozialklinik und leistet 'Hilfe zur Selbsthilfe'."

Am 9.10. und 10.10. findet in Brüssel eine Verleihung an insgesamt 50 Preisträger aus ganz Europa statt, der Verein zur Förderung der Sozialklinik Kalamata wird auch dort dabei sein.

Vor fünf Vereinsmitgliedern aus Oldenburg sprach der Europaabgeordnete Tiemo Wölken (SPD)  die Laudatio auf den Oldenburger Verein, siehe

https://twitter.com/SPDEuropa/status

 

Denkwürdiger Moment - Fünf Mitglieder des Fördervereins mit dem Europaabgeordneten Wölken
Denkwürdiger Moment: Fünf Mitglieder des Oldenburger Vereins zur Unterstützung der Sozialklinik Kalamata e. V. in Berlin im Haus der Europäischen Union mit dem Europaabgeordneten Wölken nach Verleihung des Europäischen Bürgerpreises und eigener Stellungnahme incl. Statement des griechischen Trägervereins der Sozialklinik   ©Christian Thiel

MdEP Wölken hatte den Verein für den Bürgerpreis nominiert.

Die Nordwestzeitung hatte anlässlich der Preisvergabe über den Verein und seine Tätigkeit berichtet, siehe

https://www.nwzonline.de/oldenburg/politik/

Unter der Überschrift "Solidarität gewinnt" veröffentlichte die Oldenburger Wochenzeitung Diabolo-Mox einen ausführlichen Artikel über die Preisverleihung und die Huintergründe, siehe

https://www.diabolo-mox.de

 

Kritik aus Kalamata

Eigentlich hatten die Vereinsmitglieder vor, mit Vertretern der Sozialklinik zur Verleihung zu fahren. Doch diese teilten mit, sie freuten sich zwar, dass der Verein den Preis erhalten habe, hätten aber Probleme damit, selber einen Preis von der EU anzunehmen. Sie baten die Oldenburger, stattdessen ein Statement aus Kalamata den anwesenden EU-Politikern vorzutragen. Dies tat Joachim Sohns in seiner Dankesrede nach der Verleihung. Im Folgenden Auszüge aus dieser Rede:

"Bei unseren Infotischen und Vorträgen bei Vereins-, Gewerkschafts-, Partei- und sonstigen Gruppenversammlungen werden wir in letzter Zeit immer wieder gefragt, ob es jetzt nicht besser werde in Griechenland, es gebe doch einen Aufschwung, die Arbeitslosigkeit sinke. In der Tat, offiziell sank sie auf etwas über 20 %, nachdem ca. 550.000 Menschen nach 2010 das Land verlassen und viele Arbeitslose es aufgegeben hatten, sich noch beim Arbeitsamt zu melden – nur noch 10 % haben Anspruch auf Unterstützung. Und das Wirtschaftswachstum stieg 2017 um 1,4% - nachdem die Wirtschaftsleistung seit 2010 um ein ganzes Viertel eingebrochen war.

(Spardruck und Not dauern an)

Doch die EU verlangt, dass das Land bis 2060 Haushaltsüberschüsse erzielt. Die Sparpolitik soll weitergehen. So soll bis Ende 2019 die „Soziale Solidaritäts-Beihilfe“ für ärmste Rentner abgebaut, es sollen Konsumsteuern erhöht und Heizölsubventionen halbiert werden. Doch bereits jetzt kann einer von drei Haushalten sich keine ausreichende Heizung mehr leisten, 40 % können Miete und Rechnungen nicht mehr bezahlen, bereits vier Mio. Steuerpflichtige stehen beim Finanzamt in der Kreide, obwohl heutzutage bei Zahlungsverzug ruckzuck Kontenpfändungen greifen. Das alles lässt befürchten, dass die Hilfe der Solidarlklinik weiter gefragt sein wird.

(Statement aus Kalamata)

Eigentlich hatten wir vor, mit Vertretern der Sozialklinik hierherzukommen. Diese sagten, sie freuten sich, dass wir den Preis bekommen haben. Doch sie hätten Probleme damit, selber einen Preis von der Europäischen Union anzunehmen. Denn

- sie betrachteten die EU neben der EZB und dem IWF als hauptverantwortlich für das 'Kaputtsparprogramm',

- das dem griechischen Volk eine riesige Arbeitslosigkeit, immer weiter gehende Rentenkürzungen und andere unerträgliche Lasten auf unabsehbare Zeit gebracht habe,

- sodass sie genau dadurch ja erst gezwungen worden seien, für sehr viele Arbeitslose und andere Unversicherte wenigstens eine kostenlose medizinische Notversorgung herbeizuführen - und in Notfällen eine kostenlose fachärztliche Behandlung durch niedergelassene Ärzte zu organisieren.

(Einstehen für eine andere Politik gegegenüber Griechenland, einstehen für eine solidarische EU)

Ich denke, dass wir den Preis erhalten haben, ist der Tatsache geschuldet, dass auch immer mehr Politiker der EU – und besonders die anwesenden – diese Misere sehen und eine andere Politik gegenüber Griechenland erreichen wollen. Wir hoffen, dass sie weiterhin – wie heute – für einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung eintreten und sich schließlich in der EU durchsetzen, sodass sich Griechen in Zukunft uneingeschränkt, ohne große Differenzierung, für Beschlüsse von EU-Gremien begeistern können. Zudem zeigen die Vorbehalte in Griechenland – aber auch die in Deutschland - , wie notwendig die Darstellung der realen Lebensverhältnisse der Menschen sowie das Aufzeigen von solidarischen Alternativen ist. Insofern sehen wir diesen Preis auch als kleinen Beitrag zum Erhalt der EU an, die ja nur bestehen kann, wenn sie auf dem Prinzip des Füreinandereinstehens beruht."

MdEP Wölken bekundete in seiner Laudatio und im Gespräch nach der Verleihung Verständnis für Proteste gegen die bisherige EU-Griechenland-Politik und sprach die Hoffnung aus, dass ein Schuldenschnitt gegenüber Griechenland möglich werde. Er charakterisierte unsere Kritik mit den Worten: "Sie haben uns einen Spiegel vorgehalten." Er meinte das positiv.

(Joachim Sohns)

   
© Verein zur Förderung der Sozialklinik Kalamata/Griechenland e.V.